Das Gift in unserem Garten

Bilder: DoraZett - stock.adobe.com
Autor/in: Reinhard Hauff

Als ich vor langer Zeit in den Semesterferien als Tankwart an der Autobahntankstelle in Piding tätig war, wusste ich beim trinkgeldverdächtigen Reinigen der Frontscheiben oft nicht, wie ich die zentimeterdicke Insektenschicht entferne. Mit Schwamm und Gummischaber war es nicht mehr getan. Unmengen von Wasser und Spezialschwämme kamen zum Einsatz. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den letzten Jahren bei noch so langen Fahrten mit meinem PKW irgendwelche Probleme mit Insekten hatte. Dies ist auch kein Wunder, ist der Insektenbestand seit 1980 doch um ca. 80 Prozent zurückgegangen. 

Sterben die Insekten, sterben die Vögel. So ist in den letzten 30 Jahren der Bestand an Kiebitzen und Rebhühnern um über 80 Prozent zurückgegangen. Zahlreiche heimische Vogelarten stehen auf der roten Liste und sind von der Ausrottung durch den Menschen bedroht. Schuld an dieser Entwicklung ist in erster Linie die Landwirtschaft. Wer Deutschland schon einmal bei guter Sicht mit dem Flugzeug überquert hat, weiß, dass es außerhalb von Wäldern beinahe keinen Quadratmeter mehr gibt, der nicht intensiv bewirtschaftet wird. Monokulturen und der intensive Einsatz von Pestiziden haben gravierende Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Wenn die Landwirtschaft so wie bisher weiterbetrieben wird, gehen viele Tier- und Pflanzenarten in Kürze unwiederbringlich verloren. Eine Agrarwende ist längst überfällig. 

Umso unverständlicher ist es, dass wir z. B. in Baumärkten ein unüberschaubares Angebot von giftigen Pestiziden für unsere Privatgärten vorfinden. Über 500 Tonnen Pestizide werden in Deutschland pro Jahr in privaten Gärten verteilt. Jeder Erwachsene kann diese Gifte ohne Beschränkungen erwerben. Dabei kann man durch den Einsatz von Nützlingen auf die chemische Giftkeule verzichten. Im Gegensatz zu Pestiziden töten die Nützlinge nur bestimmte Schädlinge und keine harmlosen Lebewesen. Nützlinge konnte man bis vor Kurzem nur im Internet bestellen, mittlerweile kann man sie aber auch in heimischen Gartencentern oder Baumärkten erwerben.

Da einige Nützlinge eine Kühlkette benötigen, werden sie im sogenannten Streckengeschäft veräußert. Das heißt Sie bezahlen an der Kasse und erhalten mittels Gutschein dann das Produkt direkt vom Hersteller nach Hause geliefert. Wichtig für einen effizienten Einsatz ist die genaue Lektüre der Gebrauchsanleitung. Wenn Nützlinge beispielsweise mit einem Kühl-Akku angeliefert werden, heißt das, dass Sie das Mittel entweder sofort verbrauchen oder bis zum Einsatz im Kühlschrank lagern müssen. Ein Einsatz unmittelbar vor Regen ist in der Regel sinnlos. Außerdem sollten bestimmte Mindesttemperaturen herrschen. Viele Mittel, die mit Wasser verdünnt werden, lassen sich nur mit einem Drucksprühgerät mit Lanze sinnvoll einsetzen. 

Hier einige Beispiele für naturverträgliche Alternativen:

Blatt- und Wollläuse

Hier hilft schnell und effizient der Einsatz von Larven der Florfliege. Man hängt die Pappkärtchen mit Florfliegeneiern an die befallenen Stellen. 5 Kärtchen mit je ca. 120 Florfliegeneiern reichen für 20 m² und kosten ca. 10 Euro.

Befall von Obstbäumen mit Apfelwicklern

Hier setzt man Nematoden der Art steinernema feltiae ein. Eine Packung mit 6 Millionen der winzigen Fadenwürmer kostet ca. 15 Euro, das reicht für drei große Obstbäume.

 

Weiße Fliege auf den Tomatenkulturen

Hier sind Schlupfwespen encarsia formosa eine gute Lösung. 600 Puppen kosten ca. 15 Euro.

Milben

Hier helfen Raubmilben, von denen ca. 12.000 Stück für 4 – 6 m² ca. 20 Euro kosten.

Dickmaulrüssler

Gegen den Dickmaulrüssler helfen Nematoden, welche die Larven im Boden angreifen. Das Ausbringen mittels einer Spezialdosierspritze (ca. 40 Euro) macht Sinn, weil über diese Spritze automatisch das exakte Dosierverhältnis von 2 Prozent hergestellt wird.

Buchsbaumzünsler

Zu einer echten Plage wurde im Jahr 2007 in Deutschland ein aus Asien eingedrungener Falter namens Buchsbaumzünsler. Ganze Buchsbaumplantagen hat er innerhalb kürzester Zeit vernichtet. Viele wissen nicht, dass es bereits seit Jahren die Möglichkeit gibt, mit biologischen Mitteln den Zünsler effektiv zu beseitigen. Bekämpft wird dabei nicht der Falter selbst, sondern dessen Raupen, die bereits ab Mitte März zu fressen beginnen. Spätestens Ende März sollte deshalb bereits die prophylaktische Bekämpfung erfolgen. Ich selbst habe 100-prozentige Erfolge mit dem biologischen Spritzpulver Xentari von Neudorff erreicht, welches auch in den hiesigen einschlägigen Geschäften zu erhalten ist. Bereits nach wenigen Tagen wurde der Fraß gestoppt, und es kam das ganze Jahr über zu keinen neuen Raupenbildungen mehr. Das Mittel funktioniert nicht über chemische Gifte, sondern über Mikroorganismen. 

Natürlich kann man auch traditionelle Pflanzenjauchen, -tees und -brühen verwenden. Es spricht aber nichts dagegen, die oben beschriebenen Nützlinge einzusetzen, da sie auf rein biologischer Basis wirken und unsere Umwelt nicht schädigen.

Wenn Sie in Ihrem Rasen das Unkraut oder Moos stört, setzten Sie keine Gifte ein. Lockern Sie den Rasen mehrmals im Jahr, am besten mit einem Holzrechen, auf, vertikutieren Sie ihn 1 – 2 Mal jährlich, und Sie werden sehen, das Unkraut verschwindet von selbst. Chemie im Garten ist oft kontraproduktiv und nicht mehr zeitgemäß. Mittlerweile können praktisch alle „Schädlinge“ im Garten biologisch bekämpft werden, ohne dass der Mensch, die Natur oder andere Tiere Schaden nehmen. Wer auf chemische Pflanzenschutzmittel verzichtet, unterstützt das Gleichgewicht zwischen Schädlingen und ihren natürlichen Gegenspielern. Gestalten Sie Ihren Garten naturnah. Bieten Sie durch das Anhäufen von Totholz und Blättern den Tieren Versteck- und Überwinterungsmöglichkeiten. Schneiden Sie Stauden und Schilf erst im Frühjahr zurück. Zahlreiche Insekten überwintern in den Stängeln. Legen Sie gemischte Blüten- und Wildobsthecken an. Es wird Zeit zum Umdenken und Handeln.

Reinhard Hauff, Präsident des Tierschutzvereins protesTIERE e.V., Bad Reichenhall



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