Sie ist die erste Glücksministerin Deutschlands und arbeitet im „Ministerium für Glück und Wohlbefinden“. Was Ende 2012 als Semesterprojekt an der Hochschule Mannheim begann, ist inzwischen zu einem Fulltime-Job herangewachsen. Aber nicht nur in Deutschland findet die sympathische „Ministerin“ rege Aufmerksamkeit, nein sogar thailändische Delegationen werden entsandt, um mehr über Gina Schöler und das „Ministerium für Glück“ zu erfahren. Wie es dazu kam und was Glück für Gina Schöler persönlich bedeutet, verrät sie uns in diesem Interview.
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Frau Schöler, Sie sind Deutschlands Glücksministerin. Was hat es damit auf sich, und wie entstand dieses Kunstprojekt?
Das Ministerium für Glück und Wohlbefinden ist eine unabhängige Initiative für bewusstes Leben und Glücksbesinnung mit dem Ziel, in Deutschland den Fokus wieder mehr auf das gesellschaftliche und somit auch auf das persönliche Wohl von uns allen zu setzen. Anhand dieser Kampagne werden die Menschen zum Nachdenken animiert: Was zählt wirklich? Nach welchen Werten möchten wir leben? Was brauchen wir, um zufrieden und glücklich zu sein?
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Welche Aufgaben muss eine Glücksministerin erfüllen?
Mein Arbeitsalltag als Glücksministerin ist so vielfältig wie das Thema selbst. Natürlich ist es meine Hauptaufgabe, diese multimediale Kampagne zu führen – und da ist der Fantasie keine Grenze gesetzt. Menschen erreichen, sie motivieren und sie selbst aktiv werden lassen, sind meine Hauptziele. Das schaffe ich, indem ich auf vielfältige Weise aufzeige, wie breit das Thema Glück ist, welche positiven Auswirkungen es gibt und wie viel Spielraum jeder Einzelne von uns selbst hat, um die Welt ein kleines bisschen besser werden zu lassen. Ich bin quasi der Appetitanreger. Und jeder Einzelne von uns ist sein eigener Chefkoch, um sein persönliches Glücksrezept zusammenzustellen.
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Was bedeutet „glücklich sein“ für Sie persönlich?
Mich persönlich macht es glücklich, wenn ich mir die Zeit nehme, um all die schönen Dinge, die ich den ganzen Tag erarbeite, über die ich spreche und die andere Leute mit in das Projekt geben, auch selbst in die Tat umsetzen kann. Ich bin ein Mensch mit Hummeln im Hintern, daher klappt es bei mir mit der Entschleunigung immer nur so suboptimal. Aber ich arbeite dran, meine ganz persönliche Balance zwischen Gasgeben und Bremsen zu finden. Oft sind es ganz kleine Dinge, z. B. wenn ich beim Spazierengehen mit meinem Hund etwas Kleines entdecke, stehen bleibe, staune – das Wunderbare im Alltäglichen erkennen kann.
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Was glauben Sie, sind die Grundvoraussetzungen zum Glücklichsein? Gibt es Ihrer Meinung nach eine Formel für Glück?
Ich bin absolut kein Freund von Definitionen. Erst recht nicht von einer Definition vom Glück. Von daher gibt es von mir auch keine Formel. Ich sehe mich eher in der Rolle, freudig den Kochlöffel zu schwingen und den Leuten Appetit darauf zu machen, selbst ihr Glücksrezept zusammenzustellen. Welche Zutaten schmecken dir? Wie hättest du es gerne gewürzt? Eher etwas schärfer oder mehr Salz?
Natürlich müssen die Zutaten von guter Qualität sein, sprich, es sollte ein paar Grundbausteine im Leben geben, die das Glücklichsein erleichtern. Die Grundbedürfnisse sollten gedeckt sein, das Dach über dem Kopf sicher, das Bett weich, der Körper hoffentlich gesund. Aber selbst das ist nicht alles! Einer Studie zufolge ist unser Glücksempfinden zu 50 Prozent von den Genen bestimmt. Zehn Prozent sind durch äußere Umstände beeinflusst, die eher schwer zu verändern sind. Aber dann gibt es ja noch die spannenden restlichen 40 Prozent, die beinhalten nämlich unsere Haltung, unsere Werte, unser Handeln uns selbst und unseren Mitmenschen gegenüber. Und das kann man ganz gezielt steuern, verändern und positiv beeinflussen.
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Als Glücksministerin zu agieren, bedeutet „zwangsweise“ auch das Glücklichsein zu verkörpern und nach außen zu transportieren. Ist es an manchen Tagen nicht schwer, glücklich zu sein?
Natürlich haben meine Lachmuskeln die letzten Jahre ein gutes Training bekommen. Aber zum Glück ge-
hören zum Glück eben alle Facetten des Lebens. Höhen und Tiefen. Gute und schlechte Tage. Jeder Mensch hat seine Launen und Emotionen, auch eine Glücksministerin! Und es ist absolut in Ordnung, dazu zu stehen. Es gibt durchaus Tage, da will gar nichts so recht funktionieren, da kommt es auch vor, dass ich den Tag frühzeitig „abbreche“ und mich rausziehe. Notbremse. Laptop zu. Termin abgesagt. Raus mit dem Hund in den Wald. Wichtig ist es, authentisch zu sein. Ehrlich sein – sich selbst und anderen gegenüber. Ich muss nicht immer das Honigkuchenpferd sein, um glücklich zu sein. Und die vermeintliche Schwäche der schlechten Laune oder der Traurigkeit ist in Wahrheit eine Stärke, wenn man damit umzugehen und dies zu kommunizieren weiß, denn dann kommt ganz viel zu einem zurück. Wer weiß, vielleicht rettet das dann ja doch noch diesen Tag!
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Welche Tipps zum Glücklichsein haben Sie für unsere Leser?
Seid, ganz nach Astrid Lindgren, frech und wild und wunderbar. Macht die Augen, Ohren und Herzen auf, nehmt wahr, was alles (gut) ist, schätzt es wert, gebt es weiter. Werdet selbst zum Botschafter und stoßt viele kleine Veränderungen in eurem unmittelbaren Umfeld an. Ihr werdet sehen: Glück hat Nebenwirkungen!
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