Sitzt ordentlich!

Systemische Sitzordnung bei Tisch – für eine harmonische Weihnachtsstimmung

Weihnachten naht. Manche freuen sich auf das Essen im familiären Umfeld, manche fürchten sich, weil möglicherweise Spannungen – gerade bei Tisch – zu spüren sind. Mit der sogenannten systemischen Sitzordnung besteht eine große Chance für ein harmonisches Mahl…übrigens nicht nur bei Tisch. Wie sitzen Sie bei Tisch? Wer sitzt rechts, wer links neben Ihnen? Gibt es überhaupt eine Ordnung bei Tisch?

Früher… ja früher…. da gab es noch eine Tischordnung!

Der Vater – der Älteste – wählte als erstes seinen Sitzplatz, meist am Kopfende des Tisches. Links neben ihm saß seine Frau. Dann saßen die Kinder links neben der Frau der Reihe nach dem Alter. Das erstgeborene Kind saß demnach links neben der Mutter, dann das zweitgeborene usw. Kleinkinder, die noch Hilfe beim Essen brauchten, durften noch an der Seite eines Elternteils sitzen. Sobald sie selbstständig essen konnten, nahmen sie ihren Platz ein.

Vater (rechts von der Mutter) – Mutter (links vom Vater) – 1.Kind  – 2. Kind  – 3.Kind

Das wäre die ideale Sitzordnung, gleichgültig wo am Tisch die Reihe beginnt. Vater und Mutter bestimmen die Sitzplätze für sich zuerst. Sie sind König und Königin, deren Kinder sind die Prinzen und Prinzessinnen – nicht umgekehrt. Bringt ein bereits älterer Sohn seine Freundin mit, so nimmt diese links neben ihm den Sitzplatz ein usw. 

Heute fehlt in vielen Familien diese Tischordnung. Folgen können Unruhe, Streit, Geschwisterrivalität und falsche Rollenübernahmen sein.

Erfahrungsbericht 1:

Gudrun war lange Jahre alleinerziehende Mutter ihres Sohnes David. Als David 15 Jahre alt war, heiratete Gudrun. Ihr Mann wurde demnach Davids Stiefvater. Bei Tisch saß David rechts neben seiner Mutter. Links neben der Mutter saß der neue Partner. Gudrun litt zusehends unter den steigenden Spannungen zwischen „ihren Männern“, sodass sie und ihr Mann zu mir in die Praxis kamen und mich um Rat fragten. 

Im Gespräch mit den beiden stellte sich zudem heraus, dass der Stiefvater seine Vaterrolle nicht einnahm. Er hielt sich bei jedem Familienkonflikt heraus, da der Sohn „ohnedies einen leiblichen Vater hat“, so meinte er.

Die Analyse der Sitzordnung ergab, dass der Sohn auf dem Platz des Vaters saß, während der Partner der Mutter den Platz des Sohnes einnahm. Es war verständlich, dass David Schwierigkeiten damit hatte, den neuen „Vater“ zu respektieren. Ich riet dem Mann, mit David die Sitzplätze zu tauschen und die Wirkung zu beobachten. Zudem empfahl ich ihm, die Vaterrolle einzunehmen. Große Entscheidungen könne sehr wohl der leibliche Vater treffen, im Alltag jedoch stünde er an seiner Stelle.

Beispielsweise sei es gut, wenn er ihn in Schulangelegenheiten unterstütze und damit seine Frau entlaste. Gäbe es Streit, in dem David respektlos seiner Mutter gegenüber sei, dürfe er sich sehr wohl einmischen. Störe ihn ein Verhalten an David, dürfe er ihm dies auch sagen. Die Beiden nahmen die Tipps auf und setzten sie sofort um. Zunächst gab es Widerstände, die verständlich waren. Welcher Sohn (Prinz) möchte schon gern den Platz des Familienoberhaupts (König) hergeben und somit „entthront” werden?

Doch wenn der „König” und die „Königin” einer Meinung und sich sicher sind, dann nehmen die „Prinzen und Prinzessinnen” in der Regel die Änderung gern an, und die Wirkung entfaltet sich rasch positiv.

Erfahrungsbericht 2:

Eine Mutter klagte darüber, dass ihre zwei Söhne häufig mit einander stritten. Die Analyse der Sitzordnung ergab, dass der jüngere Sohn den Platz des älteren einnahm und umgekehrt. Eine Änderung dieser Sitzordnung brachte Ruhe und Entspannung in die Geschwisterbeziehung.

In Patchwork-Familien mit mehreren Kindern sollten die Kinder gleichermaßen der Reihe nach dem Alter sitzen.  Der Erstgeborene sitzt immer links neben der (Stief)Mutter, selbst wenn es der Erstgeborene des Vaters ist. Das Kind, das als erstes auf der Welt war, sitzt links neben der Mutter.  Fehlt ein Familienmitglied, respektieren die übrigen Familienmitglieder idealerweise den Platz und lassen ihn frei.

Anregungen: Was würde ein/e König/in tun?

Bei Konflikten mit Kindern habe ich oft den Eindruck, dass Eltern das Zepter abgeben und das Kind regieren lassen. Hier kann helfen, in sich hineinzuhorchen und sich zu fragen: „Was würde ein König/eine Königin jetzt tun?“

Sie rufen damit Ihre innere Königin/Ihren inneren König wach, der würdevoll, mutig, selbstbewusst, gerecht und weise handelt.

Königliche Besprechung

Bei Konflikten, in denen der König ratlos ist, darf er gern seine Königin um Rat fragen und umgekehrt. In jeder Firma gibt es Besprechungen, warum nicht in einer Familie? Sind sich der König und die Königin einig, informieren sie ihre Prinzen und Prinzessinnen von ihrem Entschluss. Der Entschluss kann freilich lauten, dass sie die Prinzen und Prinzessinnen in eine Entscheidung mit einbeziehen möchten.

Partnerwunsch 

Hat der alleinerziehende Vater oder die alleinerziehende Mutter einen Partnerwunsch, tut er/sie gut daran, den entsprechenden Sitzplatz neben ihr/ihm freizulassen. Wie soll ein neuer Partner kommen, wenn kein Platz für ihn ist? Haben Sie ein Bett, in dem für beide Platz ist? Nimmt Ihr Kind den gesamten Wohnraum ein? Wenn ja, dann erobern Sie Ihren Raum zurück, in dem Sie Ihr Kind ab und zu in sein Kinderzimmer bitten. Wohnen Sie ab und zu in Ihrem Wohnzimmer so als wäre ein Partner da.

Fazit: Eine königliche Ordnung (am Esstisch) steigert die Chance für ein friedliches Miteinander – nicht nur bei Tisch an Feiertagen! Sitzt ordentlich!

Diese und andere psychologische Tipps finden Sie in meinem Buch „Mentikamente von A-Z…für Ihre Mentale Hausapotheke“.

Ihre Stefanie Zauchner-Mimra

www.zauchner-mimra.info




Bild : Artem - stock.adobe.com
Autor: Stefanie Mimra

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